Psychodramaturgie Linguistique 

Rezension von Büchern über Alternativmethoden

 

Brigitte Ortner : Alternative Methoden im Fremdsprachenunterricht. Lerntheoretischer Hintergrund und praktische Umsetzung. Ismaning: Hueber, 1998, 195 p. 

Nach einer historischen Darstellung des Methodenbegriffs (Teil 1), der „Methode-Inhalt-Kontroverse“ (Teil 2) und einer Beschreibung ihres Analysemodells (Teil 3), beschreibt Frau Brigitte Ortner in Teil 4 folgende Methoden, die sie als nichtkonventionelle Methoden bezeichnet: die Suggestopädie, Total Physical Response, die Psychodramaturgie Linguistique, Community Language Learning, Silent Way, Fremdsprachenwachstum, Natural Approach und den Dramaeinsatz im Fremdsprachenunterricht.

Wenn die Autorin den kommunikativen Ansatz als das "konventionelle Paradigma modernen L2-Unterrichts" (S. 22) bezeichnet, dann fragt man sich, warum sich in einem Buch über nichtkonventionelle Methoden zugleich zwei Verfahren, Fremdsprachenwachstum, das allein unter "nativistischen Ansätzen" steht, und den Dramaansatz, finden, die sie selbst als kommunikative Ansätze einstuft. Die Präsenz von Fremdsprachenwachstum ist allein dadurch zu erklären, dass die Autorin mit diesem Ansatz gearbeitet hat, dies erklärt auch, ihre wohlwollende Haltung zu diesem Ansatz. 

Man staunt außerdem unter den „kommunikativen Ansätzen“ den Natural Approach zu finden, der teilweise auf Total Physical Response (Lernen der L2 über Befehle) und traditionellen Verfahren beruht. Dies lässt Vermutungen über Ortners Auffassung vom kommunikativen Unterricht entstehen und erklärt einen Teil ihrer recht konservativen Reaktion gegenüber Alternativmethoden. Die Klassifizierung einiger Ansätze als "therapeutisch orientierte Ansätze", um das Wort "humanistisch" zu vermeiden, beruht auf der Verwechslung zwischen der therapeutischen Herkunft einiger Aspekte dieser Ansätze mit deren Zielen und auf der Tatsache, dass sie "persönliche Entwicklung" und "Therapie" nicht klar differenziert. Man sucht außerdem in Ortners Beschreibung vergebens nach einer Begründung dafür, warum Silent Way als therapeutisch orientierte Methode eingestuft wird ?

Ortners Klassifizierung fehlt eine gewisse Kongruenz.

Ortner versucht folgende Kriterien bei ihrer Beschreibung anzusetzen: Kurs-Design (praktische Verlaufsbeschreibung), Sprachbegriff, Konzept des Lernens, Konzept des Lehrens, Konzept des Kontexts (meistens auf Raumbeschreibung beschränkt), Ziele, Techniken des Lernens, Techniken des Lehrens, die Lernenden, die Lehrenden, interaktionsdynamische Konstituenten, das Material, die Fehler, Positionierung und kritische Bewertung.

Diese Einteilung führt zu zahlreichen Wiederholungen ebenso wie zu "Leerstellen", die durch "Deduktionen" der Autorin ausgefüllt werden. Dazu ein Beispiel aus dem "Konzept des Lernens" bei der "Drama-Methode": "Zwar wurde eine Theorie des Lernens im Kontext der kommunikativen Methode nie explizit formuliert, jedoch ist eine solche aus der Praxis deduzierbar" (S. 141), dann folgen Grundannahmen, die direkt aus dem Buch von J. Richards und Th. Rodgers: Approaches and Methods in Language Teaching (Cambridge University Press, 1986) übernommen sind.

Manchmal sollen verschwommene Angaben den Leser informieren, zum Beispiel beschränkt sich die Beschreibung der „Interaktionsdynamischen Konstituenten“ beim Dramaansatz auf folgenden Text: „Der Handlungsspielraum der Lernenden ist im Drama-Ansatz sowohl in organisatorischer als auch in inhaltlicher Hinsicht größer und vielfältiger als in den bislang analysierten Methoden“ (S. 145). Der Informationsgehalt solcher Pauschalaussagen bleibt sehr dürftig, abgesehen von ihrer Korrektheit.

Ortners theoretische Erwartungen an den Alternativmethoden würden voraussetzen:

1.- dass die Entwickler der verschiedenen Ansätze zu jedem der von Ortner behandelten Aspekte ausführlich Stellung genommen hätten, bzw. dass sie Ortsners Kriterienraster als Referenz und Massstab hätten.

2. dass die Praxis der Alternativmethoden präzis in Worten fassbar und darstellbar ist, was nicht nur aus publikationstechnischen Gründen unmöglich ist, sondern weil lebendige Prozesse sich nicht immer in Wörtern wiedergeben lassen

  3. - dass Ortner sich ausführlich mit den Schriften und Publikationen über diese Methoden beschäftigt hätte, was nicht der Fall ist. Um dies an einem Beispiel zu illustrieren: Dufeu hat mehr als fünfzig Publikationen veröffentlicht, darunter mehr als zwanzig Aufsätze in deutscher Sprache; Ortner bezieht sich für die Beschreibung der Sprachpsychodramaturgie (PDL) auf einen Aufsatz auf deutsch aus dem Jahre 1983 und auf eine um mehr als ein Drittel vom Original gekürzte Übersetzung seines ersten Buches über die PDL (Sur les chemins d'une pédagogie de l'Être") in Englisch: Teaching Myself, Oxford: OUP, 1996 (die deutsche Fassung "Wege zu einer Pädagogik des Seins" erscheint in Herbst 2002).

Diese reduzierende Selektion führt Ortner zur Inkohärenz in der bibliographischen Auswahl. Sie führt z. B. im Bereich des Französischen Christian Puren : Histoire des méthodologies de l'enseignement des langues, 1988, an, dessen Methodenbeschreibung bei den audio-visuellen Methoden aufhört und keine der nicht-konventionellen Methoden beschreibt. Andererseits bleibt Bernard Dufeus : Les approches non conventionnelles des langues étrangères, Paris: Hachette 1996 unerwähnt, obwohl gerade dieses die Thematik des Buches behandelt.

4. - dass Ortner versteht, was diese Autoren schreiben bzw. dass sie nicht aufgrund vorgefasster Meinung Aussagen verzerrt oder entstellt bzw. wichtige Informationen außer Acht lässt (siehe Beispiele unten)

Beim Lesen fällt auf, dass die Verfasserin sich über die genannten Aufsätze hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich an Hand von Texten (wovon wesentliche offensichtlich nicht eingesehen oder berücksichtigt wurden), informierte. Dabei entfernen sich die angestellten Überlegungen und Schlüsse zur praktischen Umsetzung der angeführten Methoden (wie im Untertitel des Buches angekündigt) an zahlreichen Stellen weit von ihrer gängigen Praxis. Dies liegt wahrscheinlich an der mangelhaften Kenntnis und an der fehlenden Erfahrung der Autorin in den genannten Ansätzen, was gerade bei nicht-konventionellen Methoden eine fundierte Darstellung erschwert.

Man merkt außerdem in Ortners Beschreibung einen krassen Unterschied zwischen der Behandlung der Alternativmethoden einerseits und der Beschreibung des Fremdsprachenwachstums und des Dramaansatzes andererseits.
Die recht negative Behandlung der alternativen Methoden wird u. a. durch die im letzten Satz des Buches erklärte Absicht der Autorin beleuchtet: "Insgesamt kann sich jedoch, wie die vorliegende Analyse zu zeigen versuchte, eine Weiterentwicklung im methodischen Bereich im oben explizierten Sinne nicht auf die unkonventionellen Methoden stützen" (S. 183 von uns kursiv geschrieben).

 Wir werden insbesondere anhand der Beschreibung der Suggestopädie und der Sprachpsychodramaturgie (PDL), die zwei Ansätze, die im deutschsprachigen Raum Anklang gefunden haben, Ortners Vorgehensweise illustrieren.

 Die Darstellung der Suggestopädie

Ortner erwähnt, dass die Suggestopädie Phasen aufweist, die zu einem freien Ausdruck der Lerner führen, z.B.: "Darauf folgen in der zweiten Phase freiere Übungen. Die Lernenden bekommen z. B. ein Reiseziel genannt und stellen das Programm, die Route etc. zusammen. Hier herrscht dann Gruppenarbeit." (S. 41). Einige Seiten später charakterisiert sie jedoch die Suggestopädie im Widerspruch dazu folgendermaßen: "Die unterrichtliche Interaktion [...] ist auf fest gefügte Routine eingefroren. Handlungsspielraum für die Lernenden ist im vorhinein festgelegten Setting nicht vorhanden."(S. 44, ebenso auf S. 46) und die Suggestopädie "schöpft [...] der weitgehend imitativen Anwendungspraxis aus der Tradition historischer L2-Unterrichtsentwürfe" (S. 47). Diese Kritik kann man der Suggestopädie schwerlich anlasten, denn die Suggestopäden haben versucht, die Transferphase besonders vielfältig auszubauen. Man dürfte sich außerdem ein wenig mehr Kohärenz in den Aussagen der Autorin wünschen.

Die Denkweise der Suggestopäden wird durch plakative Vereinfachung diskriminiert : "Eine Einbeziehung des 'gesamten' Menschen [...] kann nicht allein auf einen axiomatischen Begriff 'mentaler Reservekapazität' abstellen. Ebenso kann der Lernprozess nicht als wesentlich unbewusst, suggestiv blockiert und desuggestiv lösbar begriffen werden." (S. 47). Die Suggestopädie auf den Begriff der „Reservekapazität“ zu reduzieren, verfälscht die Grundlagen dieses Ansatzes.

Manchmal grenzt ihre Darstellung ans Lächerliche, so zum Beispiel die "naive" Beschreibung der Lernenden in der Suggestopädie: "Sie vertrauen ganz auf die von der Lehrperson initiierten Aktivitäten und akzeptieren uneingeschränkt deren Autorität und den vorgeschriebenen Kursablauf. Sie begeben sich in eine kindliche Haltung, durch die sie sich sicher, geborgen und damit frei fühlen, spontan und ungehindert im Lernen." (S. 44).

Der pädagogische Realitätsbezug der Suggestopäden wird von der Autorin auf einem sehr niedrigen Niveau eingestuft : "Man kann davon ausgehen, dass mit Fehlern auf Grund der im Input sowohl suggestopädisch vorbereiteten und verarbeiteten als auch "grammatikalisch" erklärten sprachlichen Elemente nicht gerechnet wird." (S. 54, ähnlicher Inhalt auf S. 45). Ortner scheint sogar die Zukunft der Suggestopädie vorhersagen zu können, wenn sie meint: "die Grundvoraussetzungen für produktive Weiterentwicklung fehlen" (S. 47).

 

Die Darstellung der Psychodramaturgie Linguistique (PDL)

Man sollte nicht Quellen mit Mitteln und Zielen verwechseln.

 Die Psychodramaturgie Linguistique (PDL) ist auch Gegenstand zahlreicher „freier“ Auslegungen. Hier sollen zwei Argumentationslinien zum pädagogischen Diskredit der PDL führen: Die Autorin behauptet,

1. die PDL sei eine therapeutische Methode.  

2. sie diene hauptsächlich zum Ausdruck von Gefühlen. Sie verkürzt die Tatsache, dass die PDL sowohl dem Gefühlsleben ebenso wie dem Körper und dem Intellekt Rechnung trägt, zur simplifizierenden Behauptung, dass in der PDL nur über Gefühle gesprochen wird. Um den Leser zu überzeugen, werden Wörter wie „Gefühl", "Emotion", "fühlen“ nicht nur häufig in Ortners Buch in Verbindung mit der PDL angewandt, sondern die PDL wird meist auf diesen Aspekt reduziert (Siehe u. a. S. 84).

Im folgenden ein Beispiel für Ortners Auslegungsstrategie zur Therapeutisierung der PDL: In Teaching Myself (T.M.), das Ortner als Grundlage für ihre Beschreibung benutzt,schreibt Dufeu (S. 26) „Moreno vergleicht die Grundtechniken des Psychodramas, Doppeln, Spiegel und Rollenwechsel mit den Entwicklungsphasen eines Kindes. Für Moreno entspricht das Doppeln einem Identifikationsstadium vom Ich zum Du, des Subjekts mit den Objekten, die ihn umgeben. Er fügt hinzu, es kann eine Parallele gesehen werden zwischen der Doppelgängeridee und der Beziehung zwischen Mutter und Kind vor und nach der Geburt‘“ (T.M. S.26, Stellen von uns kursiv geschrieben). Dufeu erklärt dann, dass Morenos Aussagen ihn zu einer Progression vom Doppeln zum Spiegeln in den ersten drei Tagen eines PDL-Kurses geführt haben, und er verweist zugleich ausdrücklich auf die Unterschiede zwischen Doppeln im Psychodrama und Doppeln bei der PDL (S. 25). In einer Verkennung und Verwechslung von Vergleich bzw. Parallele und Realität einerseits und der Funktion von Morenos Zitat bei der PDL andererseits schreibt Ortner: "Die Teilnehmenden gehen [...] in den ersten drei Tagen zurück in ihre frühe Kindheit“ (S.81). Diese falsche Schlussfolgerung über die ersten drei Tage der PDL wird sogar später auf die ganze PDL übertragen, wenn sie bei den „Annahmen über das L2-Lernen“ die PDL zusammenfasst: "Durch das Zurückgehen zu prä- und postnatalen Wurzeln werden L1- Erwerbsstrategien freigelegt. [...] Psychotherapeutisches Paradigma." (S. 83).

In TM verweist Dufeu ausdrücklich auf die Abgrenzung zwischen Therapie und Pädagogik: "Die Quellen sind dem pädagogischen Kontext angepasst. Wir machen weder Therapie noch Theater, sondern wir benutzen Grundlagen und Verfahren, die aus diesen Bereichen kommen, so wie Schauspieler oder Sportler auf andere Disziplinen, wie etwa Entspannung und Visualisierung zurückgreifen, um die Qualität ihrer Leistungen zu steigern" (T.M. p.22-23) (siehe auch Dufeu, 1995, in A. Wolff und W. Welter : Materialien Deutsch als Fremdsprache Heft 40. S. 153, und ausführlicher in Dufeu, 1996, S. 146, und S. 175-178). Es ist umso erstaunlicher zu beobachten, wie Ortner die PDL in Richtung Therapie uminterpretiert. Die Argumentation gipfelt in der absurden und sinnlosen Unterstellung: "Die Dynamik der Interaktion entwickelt sich entlang therapieorientierter Interventionstechniken mit der Lehrperson als impulsgebendem und strukturierendem Therapeuten und den Lernenden als Klienten, deren fehlende L2-Kompetenz als psychisches Defizit aufgefasst wird. "(S. 79, Stelle von uns kursiv geschrieben). Dies bedarf keines Kommentars. Die Trainer werden durch Ortners Auslegung zu "Therapeuten", die Teilnehmer sogar zu "Schützlingen" (S. 79).

 Die pädagogischen Grundlagen der PDL werden auch ignoriert. Zum Beispiel erklärt Dufeu in TM, dass der analytische Zugang zur Grammatik sich an den Konzeptualisierungsansatz von H. Besse anlehnt (TM, S. 45), man liest bei Ortner die lapidare Aussage : „Grammatikvermittlung : Im Grundsatz keine“ (S.84). (Es sind ausserdem drei Aufsätze von Dufeu zum Thema Grammatik in der PDL erschienen, Dufeu, 1982, 1993a und 1993b). Ortner erkennt zwar bei Dufeu eine „informierte Bezugnahme auf gegenwärtigen fachdidaktischen Diskurs“(S.82) aber diese Bezüge „fungieren quasi als Etiquetten“ (ibidem).

  Das Haar ist erfunden, die Suppe kann weg.

Wir haben in der Beschreibung der PDL mehr als siebzig Aussagen aufgezählt, die zu einer Verzerrung, Entstellung bzw. Verfälschung dieses Ansatzes führen. Was Ortner unter PDL beschreibt, wäre weder durchführbar noch pädagogisch haltbar oder nachvollziehbar.

 Die Darstellung der anderen Ansätze

Die Beschreibung der anderen Alternativmethoden ist auch mit falschen Angaben gespickt. Wenn Ortner über Community Language Learning schreibt : „Einen Community Language Learning-L2 Kurs muss man sich ähnlich vorstellen wie eine gruppenanalytische Sitzung“(S. 85), dann bedeutet dies, dass sie weder weiß, was eine CLL-Sitzung noch was eine gruppenanalytische Sitzung ist.

Die praktische Unkenntnis von Silent Way führt Ortner dazu, das in dieser Methode verwendete Material falsch zu beschreiben, um nur diesen Aspekt aufzugreifen. So benutzt etwa der Lehrer nicht, wie sie es auf Seite 98 behauptet, eine Tabelle mit Graphemen, um den Einstieg in die Laute der Fremdsprache zu ermöglichen, sondern eine Tafel mit farblichen Vierecken, wobei jede Farbe mit einem Laut der Zielsprache in Verbindung gesetzt wird. Ein Teil von Ortners Beschreibung ist durch diese falsche Angabe nicht nachvollziehbar. Sie erfindet Wandtafeln mit Grammatiklisten (S. 105), und sie glaubt schließlich, es gibt für den Anfangsunterricht nur ein „Nomen“ (S. 105), was ebenfalls nicht stimmt.

Auch biographische Angaben sind falsch: Gattegno kann kein Institut "unterstehen"(S. 98), denn er ist Ende der achtziger Jahre gestorben. Daniel Feldhendler arbeitet im Bereich der relationellen Dramaturgie und nicht der Psychodramaturgie (Die Fussnote 1 S. 72 und die Fussnote 3, S. 74 sind falsch). Es gibt auch falsche bibliographische Hinweise z. B. Seite 72, Seite 75...

Von der Kunst, mit impliziten Aussagen umzugehen

Teil 5 des Buches soll "kritische Fragen" über Erklärungsweisen des L2-Lernens hervorheben. Es handelt sich meistens um eine Wiederholung von Kritiken, die Ortner schon vorher formuliert hat. Ihre Kritik beruht auf so genannten expliziten und impliziten Aussagen (S. 151). Die Logik dieser impliziten Schlussfolgerungen soll ein Beispiel aus der "Hemisphärendiskussion" exemplifizieren: "Niederschlag findet die Hemisphären-Debatte auch in den Ganzheits-Konzepten anderer unkonventioneller Methoden, auch wenn man die Hemisphärenfrage nicht explizit anspricht. In der Dichotomie von affektiver und kognitiver Intelligenz, wie sie die PDL an herkömmlichen Unterricht kritisiert [...]findet sie sich wieder." (S. 154). Dazu muss festgestellt werden: Erstens stellt die PDL keine Dichotomie affektiv-kognitiv her, sondern sieht beide Aspekte als komplementär an (siehe u.a. Teaching Myself S.16-17, 43-50...), zweitens beinhaltet Ortners Aussage eine Inhaltsverschiebung: Die Hemisphärentheorie wird einer Dichotomie affektiv-kognitiv gleichgestellt. Und drittens: Hätte sich Ortner mehr informiert, dann hätte sie eine mehrmalige Infragestellung der naiven Anwendung der Hemisphärentheorie in Dufeus Publikationen nachlesen können (z. B. Dufeu, 1987, S. 66-67,1995, S. 22-23, 1996, S.87 und zuletzt in Eggers, D.: Sprachandragogik, 1997, S.70). Es handelt sich hier wieder um willkürliche Interpretation.

Der Schluss als Kurzschluss

Teil 6, als „Zusammenfassung“ bezeichnet, wiederholt hauptsächlich, was in den vorigen Kapiteln schon gesagt wurde. Nimmt man ernst, was Ortner in diesem letzten Teil artikuliert: "Methodische Ansätze der in dieser Arbeit vorgestellten Art müssen als grundsätzlich unangemessene Antworten auf die vielfältigen Fragen, die ein 'modernes' Verständnis von Bedingungen und Möglichkeiten der Aneignung einer L2 in gesteuerten Erwerbskontexten aufwirft, gewertet werden. " (S: 177) bzw. den letzten Satz des Buches: " Insgesamt kann sich jedoch, wie die vorliegende Analyse zu zeigen versuchte, eine Weiterentwicklung im methodischen Bereich im oben explizierten Sinne nicht auf die unkonventionellen Methoden stützen", dann erübrigt sich die Lektüre dieses Buches.

 Abschließendes Resümee

Das vorliegende Buch enthält Aussagen, die zutreffen, daneben aber eine Vielzahl ungenauer und unzuverlässiger Ausführungen und Behauptungen, die vielleicht dem Wunschdenken der Autorin entsprechen oder aus ihrer mangelnden Kenntnis der beschriebenen Verfahren resultieren. Für einen in diesem Arbeitsfeld unerfahrenen Leser wird es sehr schwer sein, den Unterschied zwischen faktischer Information und Ortners recht freien Interpretationen und Deduktionen zu erkennen.

 Es ist sehr schade, dass die positiven Aspekte der nicht konventionellen Methoden, die die Grundlagen und die Praxis der Fremdsprachenlehrer bereichern könnten, in diesem Buch kaum dargestellt werden.

 In einem Fach, das Offenheit zum Fremden, Verstehen des Andersdenkenden anstrebt, würde man eine offenere, zumindest aber fundiertere Vorgangsweise erwarten. Statt dessen ist dieses Buch vorwiegend Ausdruck einer bestimmten um sich selbst kreisenden und sich selbst schützenden konventionellen Schreibtischdidaktik.

 Georges Brassens hatte recht :

" Non les braves gens n'aiment pas que
L'on suive une autre route qu'eux. "

(Nein, die braven Leute haben es nicht gern,
wenn man einem anderen Weg folgt als sie).

 © B. Dufeu, Mainz, Juni 2001

 

Für die bibliographischen Hinweise siehe : Bibliografie

 

 

 

 

 

© Copyright by Bernard Dufeu 1990-2008